Corona hat unser Leben verändert, insbesondere das Vereinsleben. Bei den Footballern der Gelsenkirchen Devils gab es eine elfwöchige Trainingspause. Ursprünglich hätte am vergangenen Wochenende der 6. Spieltag in der Regionalliga stattgefunden. Es wäre der Aufsteiger, die Düsseldorf Bulldozer zu Gast gewesen. Seit dem letzten Donnerstag trainieren die Devils wieder, jedoch mit gebremstem Schaum, denn das Training musste komplett umgestellt werden. Hierfür haben die Verantwortlichen der Devils ein Hygienekonzept erstellt, welches die zuständige Behörde überzeugte und somit dürfen die Teams der Footballer wieder auf den Rasen. Noch ist völlig offen, wie es in der Regionalliga weitergehen wird. Möglich wäre eine verkürzte Saison, nur Freundschaftsspiele oder sogar nur ein Trainingsbetrieb. Für uns ist dies eine gute Gelegenheit, um uns einen eigenen Eindruck von der besonderen Situation zu verschaffen.
Quarterback JoJo Werner stellte sich unseren Fragen nach der Zwangspause. Die Gelsenkirchen trainieren an historischer Stelle - der Glückauf-Kampfbahn (Foto: Oliver Jungnitsch)
Für die Herren der Gelsenkirchen Devils stand gestern das zweite Training nach der Coronapause auf dem Plan. Elf Wochen ruhte der Trainingsbetrieb bei den Devils und keiner wusste wie es weitergehen sollte. Vom Hauptverband gab es zwar schon Ende April ein Konzeptpapier, welches jedoch nicht lange „überlebte“, denn der AFVD löschte es schnell, nach vielfältiger Kritik, von Ihrer Homepage. Der AFCV NRW will einen gemeinsamen Weg mit den Vereinen gehen und hat eine Online-Umfrage erstellt - das Ergebnis steht jedoch noch aus. Solange wollen wir nicht warten und holen uns Informationen aus erster Hand. Für unsere Fragen haben wir zum einen Sven Kicza, den 1.Vorsitzenden der Devils und zum anderen einen langjährigen Spieler ausgesucht: Quarterback Johannes (JoJo) Werner. Mit JoJo wollen wir auch starten. Morgen bringen wir das zweite Interview mit Sven Kicza.
Oliver für Fands: JoJo, danke dass Du für uns Dein Training später beginnst, also lass uns mal sofort starten. Zu Anfang erzähle uns einmal, wie du überhaupt zum American Football gekommen und bei den Devils gelandet bist.
Johannes Werner (JoJo): Tatsächlich durch einen guten Freund von mir: Bernhard Tüch. Wir sind schon lange befreundet und er war immer ein bißchen korpulenter. Wir beide haben - außer Fitness - einen Sport gesucht, den wir gemeinsam ausüben können. Auf der Jugendmesse „You“ haben wir uns bei den Assindia Cardinals über American Football informiert. Essen war für uns zu weit entfernt, aber Bernd hat herausgefunden, es gibt einen Verein in Gelsenkirchen. So bin ich in 2002 zu den Gelsenkirchen Devils gekommen. Da die Devils zu dieser Zeit noch keine Jugendabteilung hatten, haben wir mit den Herren trainiert. Ab 2005 durfte ich auch spielen. Als Jugendspieler in den Herren war es schon besonders herausfordernd und uns wurden unsere Grenzen regelmäßig und deutlich aufgezeigt - aber es hat uns weiterentwickelt, nicht nur spielerisch, sondern auch persönlich.
Fands: Dein Bruder ist auch bei den Devils. Thilo ist als O-liner sogar in deiner Unit. Ist es eher ein Vor- oder Nachteil und wie sieht es mit einer gerechten Wertung der jeweiligen Leistung aus?
JoJo: Ich sehe es als riesigen Vorteil an, so hat sich auch unsere Beziehung zueinander sehr verfestigt. Thilo ist mein großer Bruder und ich habe ihn später zu den Devils gebracht. Er ist seitdem mein Aufpasser und ich muss sagen, mit ihm fühle ich mich sicher. Ich vertraue natürlich der gesamten O-Line. Mittlerweile weiß ich, wie jeder von ihnen reagiert. Das ist ein Mega-Vorteil! Thilo ist immer noch besonders, ich denke dies wird klar, wenn ich von meinem Abi erzähle. Einen Tag vor meinen Abiturprüfungen hatten wir ein Spiel und meine Eltern wollten nicht das ich spiele. Aber ich mußte spielen, denn damals hatten wir noch keinen zweiten Quarterback. Vor dem Spiel hat sich Thilo vor die O-line gestellt und gesagt, sie sollten besonders gut auf mich aufpassen. Was soll ich sagen, meine Sachen waren nach dem Spiel noch sauber und hätten nicht in die Wäsche gemusst. Ich wurde nicht einmal berührt und wir haben das Spiel gewonnen.
Fands: Du bist Quarterback der Devils und warst in der Vergangenheit auch als Jugendtrainer und Pressesprecher für die Devils tätig. Von außen betrachtet, wenn ich an euer Tryout im Januar denke, dann würde ich Dir auch den Posten als Head Coach zutrauen. Wie stehst Du dazu?
JoJo: Ich weiss nicht, ob es die Position des Head Coachs wird. Ich bin auch schon ein wenig älter, denn ich werde in diesem Jahr 33 Jahre. Auf der Quarterbackposition kann ich sicherlich noch ein paar Jahre spielen. Noch spiele ich lieber mit den Jungs, als an der Sideline zu stehen. Wir sind ein Freundeskreis, aber sind jetzt alle über Dreißig. Nach und nach wird der eine oder andere die Schuhe an den Nagel hängen. Klar überlegen wir, wie es mit uns weitergeht, es wäre der logische Schritt auf die Seite der Trainer zu wechseln. Wir wollen in Gelsenkirchen bleiben, denn wir lieben den Verein. Schön wäre es, wenn wir in der Einheit zusammenbleiben. Dabei ist mir es fast egal welche Trainerposition ich bekleiden soll oder darf. Zuvor habe ich jedoch noch etwas auf meiner Agenda: ich möchte einmal in der Defense hospitieren. Gerade als Quarterback setzt man sich mit verschiedenen Defense-Systemen auseinander. Mit diesem Wissen kann man erfolgreicher die Offense coachen.
Fands: Elf Wochen ohne Training waren sicherlich nicht so toll. Wie hast Du Dich fit gehalten?
JoJo: Ich arbeite in Xanten und habe mir anfangs herausgenommen vor der Arbeit um den See zu laufen. Mein Vorteil ist, ich habe das notwendige Equipment wie Gummibänder, Hanteln usw. zu Hause. Somit konnte ich gut trainieren. Auch war ich auf einem nicht gesperrten Platz. Hier durfte man Einzelsport ausüben und das habe ich für Abläufe und Wurfübungen genutzt.
Fands: Eigentlich hätte am Samstag der Gameday gegen die Bulldozer aus Düsseldorf stattgefunden. Wie ist Deine Meinung zum Rest der Saison?
JoJo: Ich hoffe, dass wir Freundschaftsspiele noch absolvieren können. Mittlerweile bin ich sogar gegen die Durchführung einer Saison, denn es gibt schon Unterschiede bei den Vereinen und ihren Voraussetzungen für das Training. So werden in einigen Städten in den Sommermonaten die Sportstätten gesperrt. Damit hat jedes Team andere Voraussetzungen und das erschwert einen gerechten Ligabetrieb. Wir brauchen aber Freundschaftsspiele, denn wir haben viele neue Spieler. Die müssen auf das Spielfeld um das Erlernte auf Praxistauglichkeit prüfen.
Fands: Als Quarterback ist man einer der wichtigsten Personen auf dem Platz und im Team. Ist es für Dich eher zusätzlicher Druck oder zusätzliche Motivation? Wie sollten gerade die jungen Quarterbacks damit umgehen?
JoJo: Für mich war es immer ein Vorteil, klar hängt das sehr von dem jeweiligen Typen ab. Ich bin ein super positiver Mensch, denn ich sehe nicht negativ. So kann man auch noch in der letzten Spielminute ein Spiel gewinnen. Ein guter Quarterback ist nicht der, der die 100 Meter besonders schnell läuft oder den Ball über das ganze Feld werfen kann. Ein guter Quarterback ist einer der das Spiel lesen kann und das für sich nutzt. Es ist schwierig in jeder Situation positiv eingestellt zu sein, aber das ist das, was du als Quarterback tun musst. Für mich ist es auch wichtiger die Fehler nicht bei anderen zu suchen, sondern bei mir. Alles andere demotiviert. Man muss an sich arbeiten und mit dem Team kommunizieren.
Fands: Zum Abschluss möchte ich mit Dir einen Blick über den Teich und in die Glaskugel werfen. Glaubst Du an ein NFL-Saison. Du bist ein eigentlich Miami Dolphins-Fan, aber auch großer Fan von Ryan Tannehill. Wie schneidet dein Team in einer möglichen Spielzeit ab?
JoJo: Ich glaube schon, dass dort gespielt wird, denn es geht um viel zu viel Geld. Aber wie auch hier mit dem Fußball ist es für die Fans nicht so toll, aber das Geld spricht für eine Saison. Auch denke ich, es wird in den Stadien Zuschauer geben. Ich bin natürlich Miami-Fan und hoffe das es die Dolphins schaffen. Verein geht vor Einzelspielern! Tannehill ist ein extrem guter Quarterback, der in der Vergangenheit verrissen wurde. Es hat großes Potential, was er bisher noch nicht vollständig abrufen konnte. Mich hat es geärgert, dass wir ihn verkauft haben. Auch hätte ich mir es für ihn gewünscht, es wäre für ihn und die Titans noch weiter gegangen. Dann hätte ich mir auch von ihm ein Trikot gekauft. Mit Tua auf der Position des Quarterbacks bin ich nicht so glücklich, aber abwarten. Ich denke wir schrammen an den Playoffs vorbei. Für mir ist eine ausgeglichene Spielzeit wahrscheinlich. Wichtig ist für die Dolphins: sie entwickeln sich weiter.
Das Interview mit dem ersten Vorstand der Devils folgt morgen. Dann werfen wir mit Sven Kizca einen Blick auf eine mögliche Spielzeit, die finanzielle Belastung durch Corona und Aktionen, die im Hintergrund stattfanden. Die Fragen für NRW Football stellte Oliver Jungnitsch. Wer weitere Informationen zu den Gelsenkirchen Devils haben wir hier verlinkt.
Bildergalierie zum Training:
Oliver Jungnitsch für Fands