Die Grundschule des Footballs

Zugeben: Flag Football gehört nicht zu meinen Kernkompetenzen, aber dafür habe ich mir einen Experten für diesen Bereich eingeladen, der meine Lücken ausbessern wird. Es ist der Head Coach der Juniors Flag von den Neuss Gladiators: Mirza Kehonjic-Thiede. Mirza coacht das Juniorteam bereits seit drei Jahren. Begonnen hat er mit fünf Kindern, heute sind es bereits 20 Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren. Bei meiner Recherche habe ich keine Ligen für die Kleinen gefunden, sondern nur Schulteams, die in Turnierform gegeneinander antreten. 

Head Coach der Juniors Flag von den Neuss Gladiators: Mirza Kehonjic-Thiede (Foto: Neuss Gladiators)Head Coach der Juniors Flag von den Neuss Gladiators: Mirza Kehonjic-Thiede (Foto: Neuss Gladiators)

Oliver von FandS: Mirza, irgendwie drängt sich mir der Verdacht auf, Junior Flag ist das ungeliebte Kind des American Footballs. Vielleicht beginnen wir mal mit den Basics. Kannst Du uns mal kurz erklären, was der Unterschied zwischen Tackle und Flag Football ist? 
Mirza Kehonjic-Thiede: Flag Football leitet sich vom American Football ab und ist eine Variante des Gridiron Footballs. Der wesentliche Unterschied zum American Football ist, dass die Defense den ballführenden Spieler der Offense stoppt, indem sie ihm ein Flag aus dem Gürtel zieht, statt ihn körperlich zu tackeln - wie im American Football. Das Feld ist in zwei Hälften aufgeteilt und man muss 20 Yards für einen 1st Down zurücklegen. Die letzten 5 Yards vor der Endzone sind die No-Running-Zone, das heißt, dass man innerhalb dieser Zone zu einem Passspiel gezwungen ist.
 
Oliver: Was sind insbesondere für die Kleinen die Vorteile vom Flag Football? 
Mirza: Die Vorteile sind vielfältig. Zum Einem besteht der Vorteil eines breiten Angebots. Man erreicht auch Kinder, die nicht tacklen wollen oder gesundheitlich nicht tackeln können oder die einfach die Erlaubnis der Eltern dazu nicht erhalten. Die Verletzungsgefahr im Flag ist erheblich geringer als im Tackle Football. Es stellt somit einen guten Kompromiss dar. Zum Anderem ist da natürlich der finanzielle Aspekt. Man braucht als Ausrüstung lediglich einen Ball, Laufschuhe und Flaggen. Das Angebot ist also niederschwelliger und kostengünstiger. Das kann für Vereine interessant sein, weil sie dadurch breitere Schichten der Jugend deutlich früher an sich binden können. Mirza Kehonjic-Thiede beim Training mit seinem Team (Foto: Neuss Gladiators) Mirza Kehonjic-Thiede beim Training mit seinem Team (Foto: Neuss Gladiators)
 
Oliver: Bei euch in Neuss fangt ihr mit 6 Jahren an, in anderen Sportarten gibt es ein Angebot für noch jüngere. Warum beginnt ihr nicht früher mit dem Training oder macht ihr Ausnahmen? 
Mirza: Das Alter 6 Jahre ist ein Erfahrungswert, welchen wir im Coaching-Staff gemacht haben. Wir haben in den ersten beiden Jahren Kooperationen mit Kitas gehabt und haben dort als Kita-AG agiert. Es stellte sich heraus, dass die Drills, wie wir sie im Flag Football ausführen, doch nur von Kita-„Seniors“ über die gesamte Trainingslänge aufmerksam ausgeführt wurden. Wir halten die Altersgrenze aber nicht starr ein. Wenn wir sehen, dass die Kinder im Alter von 4 oder 5 Jahren auch mithalten können und Spaß haben, dann nehmen wir sie herzlich gerne auf. Zwei unserer Mitglieder sind jünger als sechs Jahre.
 
Oliver: Wie muss ich mir ein Training vorstellen und wer unterschützt dich in deiner Arbeit?
Mirza: Ich habe ein Staff von drei weiteren Coaches und einer Teammanagerin. Wir sind bunt gemischt, was den Vorteil hat, alles aus mehreren Perspektiven durchleuchten zu können. Mein OC ist ehemaliger Jugend-Deutscher-Meister mit den Panthern. Er gewann in den Staaten mit seinem Team den State-Championsship. Die Assistenten sind ein ehemaliger U16-Gladiator und ein Vater, der das Coaching erlernen möchte. Das Training ist ähnlich aufgebaut wie im Tackle-Football. Warm-Up, Indies, Spiel. Wir legen größere Gewichtung auf das Spiel, damit die Kinder nicht die Aufmerksamkeit und den Spaß verlieren. Die hohe Trainingsbeteiligung und zum Teil lange Anreisen scheinen uns Recht zu geben. Die Eltern und Kinder reisen zum Teil bis zu 45 Minuten zum Training an.
 
Oliver: Hut ab! Im Vorgespräch sagtest du mir, dass Ihr die Grundschule des American Footballs seid. Ich denke, das beschreibt es sehr passend. Aber was passiert, wenn die Kinder 12 Jahre werden? 
Mirza: Die Kinder werden im Football so gut wie möglich ausgebildet, so dass sie danach entweder im Tackle oder im Flag spielen können. Das ist eine Wahl, die die Kinder mit ihren Eltern treffen müssen. Wir können sie nur beraten und auf ihrem weiteren Weg begleiten. Wir sind als U7 gestartet und haben schnell erkannt, dass es mit dem 7. Geburtstag nicht enden soll. Die Gladiators befinden sich auch hier im Aufbau. In der Planung ist es Flag Football für jede Altersgruppe anzubieten.
 
Oliver: Mirza, gibt es Ligen für die Junior Flags oder nur Freundschaftsspiele?
Mirza: Das erste Freundschaftsspiel ist tatsächlich über eure Facebook Gruppe „NRW-Football“ zustande gekommen. Ich habe eine Anfrage geschrieben und wir trafen uns dann mit den Mönchengladbach Wolfpacks. Weitere Spiele sind in Planung. Eine Liga gibt es leider nicht, wäre aber sehr wünschenswert.
 
Oliver: Das denke ich auch. Wie wird der Sport vom Verein und Verband unterstützt oder gefördert? 
Mirza: Über den Verein bekommen wir die Sportplätze und Ausrüstung, die wir für ein vernünftiges Training bzw. eine sportliche Entwicklung der Kids benötigen.
 
Oliver: Was wünscht Du dir für die Zukunft des Junior Flags?
Mirza: Ich denke aufgrund der Nachwuchsschwierigkeiten, die alle Vereine sportübergreifend haben, wäre es ratsam über ein Flag-Team ein frühes und kostengünstiges Angebot anzubieten. Kita AG, Grundschulen AG, eigene Liga. Das alles! Am besten über den Verband gesteuert, damit alle Vereine auf eine zentrale Stelle mit dem gesamten Know-How zurückgreifen können.

Oliver: Hoffentlich liest dieses Interview jemand vom Verband und nimmt sich dieser Sache an. Für mich ergibt es Sinn, mit Junior Flag zu starten, gerade wenn ich an die Eltern denke und die große Konkurrenz seitens des Fußballs. Hier gibt es die Bambini Ligen, die Kinder weit unter 7 Jahren aufnehmen und häufig somit frühzeitig an sich binden. Mirza, vielen Dank für deine Ausführungen und Erläuterungen, jetzt habe ich eine andere Sicht auf den Flag Football erhalten. Alles Gute für euch!

Mirza: Vielen Dank für alles und bis bald!

Das Interview führte Oliver Jungnitsch für Fands mit dem Head Coach der Juniors Flag von den Neuss Gladiators: Mirza Kehonjic-Thiede. Wer weitere Informationen zum Verein sucht, der findet sie hier verlinkt. Solltet ihr euch für das Team und den Junior Flag interessieren, dann nehmt einfachDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Er freut sich!

 

Oliver Jungnitsch für Fands.pics

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